Rechtssicher Online-Kurse und Coachings in Deutschland verkaufen

29. Juli 2025 | Business

Immer mehr Menschen bieten digitale Lernformate an – sei es in Form von Selbstlern-Kursen, Live-Workshops oder individuellen Coachings. Doch in Deutschland gibt es ein spezielles Gesetz, das viele Anbieter gar nicht auf dem Schirm haben: das Fernunterrichtsschutzgesetz (FernUSG). Wer es ignoriert, riskiert, dass Verträge mit Kunden nichtig sind und Einnahmen zurückgezahlt werden müssen – selbst dann, wenn die Leistung schon erbracht wurde.

In diesem Artikel erfährst du, wann das FernUSG greift, wie du deine Angebote rechtssicher strukturierst und wann eine staatliche Zulassung notwendig ist.


1. Wann greift das Fernunterrichtsschutzgesetz (FernUSG)?

Das FernUSG gilt nicht für jede Art von Online-Angebot, sondern nur, wenn bestimmte Kriterien erfüllt sind.
Die wichtigsten Merkmale:

  1. Überwiegend selbstgesteuertes Lernen

    • Wenn mehr als die Hälfte der gesamten Lernzeit aus dem eigenständigen Durcharbeiten von Materialien besteht (Videos, Texte, PDFs, Audios etc.), gilt der Kurs als „fernunterrichtsähnlich“.

    • Live-Elemente wie Zoom-Meetings oder Telefonate zählen hier nicht zur Selbstlernzeit.

  2. Individuelle Lernerfolgskontrolle

    • Sobald der Anbieter den Lernfortschritt aktiv und individuell überprüft oder bewertet, greift das Gesetz.

    • Dazu zählen z. B. persönliche Feedbackrunden, Freischaltung von Lektionen nach eingereichten Aufgaben, individuelle Korrekturen, Prüfungen oder beantworten von Fragen zum Kurs.

    • Unpersönliche, anonyme oder automatisierte Tests (z. B. ein Quiz ohne persönliche Auswertung) fallen nicht darunter.

Wenn beide Kriterien erfüllt sind, handelt es sich in den meisten Fällen um Fernunterricht im Sinne des Gesetzes – egal, ob der Kurs live, online oder hybrid stattfindet.


2. Risiken, wenn das Gesetz greift und keine Zulassung vorliegt

Viele Anbieter denken: „Das merkt doch keiner.“ – Das kann ein teurer Irrtum sein.
Denn ohne gültige Zulassung durch die Zentralstelle für Fernunterricht (ZFU) hat das folgende Konsequenzen:

  • Vertrag ist unwirksam: Der Kunde kann auch nach Monaten oder Jahren sein Geld zurückfordern.

  • Kein Rechtsanspruch auf Bezahlung: Selbst wenn du den Kurs komplett geliefert hast, musst du erstatten.

  • Abmahn- und Bußgeldrisiko: Wettbewerber oder Behörden können dich abmahnen oder sanktionieren.

Das betrifft sowohl kleine Einzelunternehmer als auch große Akademien.


3. Wie du Angebote rechtssicher gestaltest

Je nachdem, wie du dein Lernformat aufbaust, kannst du vermeiden, dass es unter das FernUSG fällt – oder du entscheidest dich bewusst für eine Zulassung.

Für Selbstlernkurse:

  • Inhalte so gestalten, dass es keine individuelle Lernerfolgskontrolle gibt.

  • Feedback nur in allgemeiner Form anbieten (z. B. über eine FAQ-Seite oder Community ohne persönliche Betreuung).

  • Alle Tests oder Aufgaben sollten automatisiert und ohne individuelle Bewertung sein.

Für Coachings:

  • Darauf achten, dass mindestens 50 % der gesamten Lernzeit live mit dir oder deinem Team stattfindet.

  • Live-Elemente können 1:1-Gespräche, Gruppenmeetings oder Workshops sein.

  • Vermeide feste Prüfungen oder benotete Aufgaben – besprich Fortschritte lieber informell im Gespräch.

Diese Gestaltungstipps sorgen dafür, dass dein Angebot oft nicht unter das FernUSG fällt und somit keine Zulassungspflicht besteht.


4. Wann ist eine ZFU-Zulassung nötig – und wie läuft sie ab?

Wenn dein Angebot die Kriterien des FernUSG erfüllt, kommst du um eine Zulassung durch die ZFU nicht herum.

  • Dauer und Aufwand
    Das Verfahren kann mehrere Wochen bis Monate dauern. Die ZFU prüft Inhalte, Methoden, Verträge, AGB und die gesamte Kursstruktur.

  • Kosten
    Je nach Umfang des Angebots liegen die Gebühren oft zwischen einigen hundert und mehreren tausend Euro.
    Außerdem wird in der Regel alle drei Jahre eine erneute Prüfung fällig.

  • Vorteil einer Zulassung
    Mit einer ZFU-Zertifizierung bist du rechtlich auf der sicheren Seite. Sie kann auch als Qualitätssiegel im Marketing genutzt werden.


Fazit

Wenn du Online-Kurse oder Coachings in Deutschland verkaufst, solltest du dich intensiv mit dem FernUSG befassen. Schon kleine Änderungen in der Kursstruktur können entscheiden, ob du eine Zulassung brauchst oder nicht.
Wer ohne Zulassung arbeitet, obwohl das Gesetz greift, riskiert Rückzahlungen und Abmahnungen.
Plane deshalb frühzeitig, wie du deine Angebote aufsetzt – rechtssicher, transparent und zukunftsfähig.